Die israelische Luftwaffe zerstörte viele Gebäude in Gaza
Die israelische Armee hat eine neue Angriffserie auf den Gazastreifen geflogen. Dabei wurden mehrere Regierungsgebäude der radikalislamischen Hamas getroffen. Die Zahl der Toten seit Beginn der Luftschläge stieg auf 360.
Nach palästinensischen Angaben wurden bei den Angriffen in der Nacht zum Dienstag (30.12.2008) mindestens zehn Menschen getötet und mehr als 40 verletzt. In Israel kamen zwei Menschen durch palästinensischen Raketenbeschuss ums Leben.
Am Montag hatte Israels Verteidigungsminister Ehud Barak in Jerusalem erklärt, man führe gegen die Hamas einen "Krieg ohne Gnade". Er betonte, dass sich die am Samstag begonnenen schweren Luftangriffe nicht gegen die palästinensische Bevölkerung richteten, sondern gegen die radikalislamische Organisation. Das Ziel der Operation sei der "Sturz der Hamas".
Die Luftangriffe forderten bislang rund 360 Tote. Nach Angaben des UN-Hilfswerks für die Palästinenser wurden mehr als 50 Zivilisten getötet. Nach Angaben des Hamas-geführten Gesundheitsministeriums sind die neun Krankenhäuser im Gazastreifen überfüllt. Viele der Verletzten müssten in Arztpraxen und Privatwohnungen behandelt werden.
Universität und Regierungsgebäude angegriffen
Am Montag hatten Kampfflugzeuge unter anderem die Islamische Universität in Gaza beschossen. Außerdem wurden ein Gelände der Hamas-Regierung und ein von ihr genutztes Gästehaus bombardiert sowie das Gebäude neben dem Haus von Hamas-Führer Ismail Hanija in einem Flüchtlingslager nahe Gaza. Hanija hielt sich zum Zeitpunkt des Angriffs jedoch nicht in dem Haus auf.
In Beirut, Kairo, Ammann und in Teheran demonstrierten Tausende gegen Israel. Auch in Berlin, Athen und Stockholm gingen Demonstranten gegen die Militäroffensive auf die Straße.
Hamas-Chef Chaled Maschaal erklärte sich inzwischen zu einem Waffenstillstand bereit. Am Samstag hatte Maschaal zu einer neuen Intifada und Selbstmordanschlägen gegen Israel aufgerufen. Dieser Forderung schloss sich am Montag Hisbollah-Chef Nasrallah an.
Bei einem Krisentreffen in Paris sollen die Außenminister der 27 EU-Staaten am Dienstag über die angespannte Lage im Nahen Osten beraten. Die französische EU-Ratspräsidentschaft berief die Sondersitzung kurzfristig ein.
Vorbereitungen für Bodenoffensive laufen
Die israelischen Sicherheitskräfte in Israel und dem Westjordanland befinden sich in höchster Alarmbereitschaft. Eine Armeesprecherin erklärte am Dienstag, die israelischen Bodentruppen seien zum Einmarsch in den Gazastreifen bereit. Die Soldaten hätten ihre Stellungen bezogen. "Im Moment jedoch greifen wir ausschließlich aus der Luft und vom Meer melden", sagte die Sprecherin weiter.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief die Regierung in Jerusalem auf, die Grenzen für die Lieferung dringend nötiger Hilfsgüter zu öffnen. Ein Mitarbeiter der Vereinten Nationen und acht Referendare seien getötet worden, erklärte Ban. China forderte ein sofortiges Ende der israelischen Offensive.
Merkel gibt Hamas Alleinschuld
Bundeskanzlerin Angela Merkel gab der Hamas die alleinige Schuld an der Eskalation im Nahen Osten. Bei einem Telefonat mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert am Sonntag seien sich beide Politiker einig gewesen, dass die Verantwortung für die jüngste Entwicklung eindeutig und ausschließlich bei der Hamas liege, teilte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg in Berlin mit.
Die Kanzlerin habe es als das legitime Recht Israels bezeichnet, seine Bevölkerung zu schützen. "Die Bundeskanzlerin legt Wert darauf, dass bei der Beurteilung der Situation im Nahen Osten Ursache und Wirkung nicht vertauscht werden oder Ursache und Wirkung nicht in Vergessenheit geraten", betonte Steg. Der Konflikt könne nur durch einen politischen Prozess geregelt werden, an dessen Ende eine Zwei-Staaten-Lösung stehen müsse.
An die Hamas richtete die Bundesregierung die Aufforderung, den Beschuss von israelischen Siedlungen mit Raketen sofort und dauerhaft einzustellen. Zugleich zeigte sich der Vize-Regierungssprecher davon überzeugt, dass Israel alles unternehme, um bei seinen Luftangriffen auf den Gazastreifen zivile Opfer zu vermeiden.
Quelle: dw.de