Samstag, 27. Dezember 2008
Österreich: Ein Kompromiss, der Rauchern nicht weh tut
Am 1. Jänner tritt die neue Nichtraucher-Regelung für Lokale in Kraft. Wirte und Raucher können durchatmen – es darf weitergequalmt werden.
Es hätte ein großer Wurf werden sollen. Im Sinne der Volksgesundheit, der Lebensqualität und der Folgekosten für das marode Gesundheitswesen. Selbst traditionelle Raucher-Nationen wie Frankreich, Italien, Großbritannien oder Griechenland haben es geschafft, den Tschik generell aus der Gastronomie zu verbannen .
In Österreich aber atmen Wirte und Raucher einmal kräftig durch – es darf weitergequalmt werden. Denn der ab 2009 gültige Nichtraucherschutz in Lokalen ist ein Kompromiss zwischen Politik und Wirtschaft. Das Gesetz sieht zwar baulich getrennte Raucher-Zonen vor, verpflichtend sind sie aber erst bei Lokalen über 80 Quadratmetern.
Mediziner und Nichtraucher sprechen von einem Kniefall der Ex-Regierung vor der Tourismus- und Gastronomiebranche. "Ich glaube, dass die jetzige Regierung weiß, dass dieses Gesetz nicht haltbar ist", stellt die Lungenfachärztin und Generalsekretärin der Europäischen Vereinigung der Lungen-Spezialisten, Sylvia Hartl, fest.
Die Ärztin macht sich vor allem Sorgen um die Jugend und deren gesundheitliche Zukunft. "Wir steuern auf eine Katastrophe zu. 20 Prozent aller Zwölfjährigen rauchen bereits mehrere Zigaretten pro Woche. Und 48 Prozent der über Vierzigjährigen qualmen regelmäßig."
Heinz Kammerer, Chef von bundesweit 16 Wein-&-Co-Filialen, darunter fünf Bar-Restaurants, war guten Willens und wollte den Qualm aus seinen Lokalen verbannen. Seine vollmundige Ansage: "Rauchen kann man auf der Straße. Die Diskussion um die Zigaretten in Lokalen spaltet unsere Gesellschaft."
Net g’sund
Also verwandelte der Wirt sein Feinschmecker-Imperium Anfang des heurigen Jahres in eine Nichtraucher-Zone. Nur neun Monate später gab der Frischluft-Pionier auf. Zwar brannte kein Tschick in seinen Lokalen, dafür brannte finanziell der Hut – das Experiment kostet ihn mindestens zehn Prozent Umsatz.
Jetzt ist Kammerer durch die Erfahrung geläutert. "Nichtraucher gehen um 22 Uhr nach Hause. Da kommen Raucher erst in Fahrt." Fazit: Seit Oktober wird wieder geraucht, und die Kasse stimmt auch.
Viele Wirte sehen in einem generellen Rauchverbot das Ende ihrer Betriebe. So auch Ronald Gutharc, Chef des Kuchldragoner im Bermuda-Dreieck in der Wiener-City: "In Irland vergibt der Staat die Ausschank-Lizenzen. Seit Einführung des Rauchverbotes wurde um 3000 Lizenzen weniger angesucht. Das nenne ich ein Lokal-Sterben."
Gutharc hat auch einen Vorschlag: "Soll die Regierung doch Zeit-Korridore vorgeben. Bis 22 Uhr sind Lokale rauchfrei, danach ist die Zigarette aber erlaubt."
Selbst Manfred Ainedter, Promi-Anwalt, laut Eigendefinition Genussraucher und Gründer der Plattform "Rauchfreiheit", kann dem Nichtraucherschutz wenig abgewinnen: "Es ist ein Gesetz, das nichts löst. Ein Kompromiss. Dass das Rauchen net g’sund ist, wissen wir alle, aber wird der Tschik aus den Gaststätten verbannt, kommen sicher weniger Gäste."
Quelle: kurier.at